Mehr Inseln als Bücher (Pt. I): Maesy’s Liste

Indonesien war neulich Ehrengastland auf der Frankfurter Buchmesse. Am Wochenende hat mir mein Schwager ein Laksmi-Pamuntjak-Buch geschenkt. Und vorgestern habe ich Okky Madasari live in Altona lesen hören. Kurz: Ein guter Zeitpunkt, um meine Story zur indonesischen Bücherkultur zu teilen. Sie erschien zuerst in Maschinas Magazin „Bücher„. Teil 1 spielt in Jakarta.

Popup-Läden, Lesebotschafter, Tabu-Brüche und das rote Gespenst: Unser Autor, ein deutscher Journalist mit indonesischen Eltern, macht sich auf seiner Java-Reise von Jakarta über Solo nach Surabaya auf die Suche nach der lokalen Buchkultur.
Part I: Maesy's Liste

Diese Stadt zehrt an den Nerven. Indonesiens Kapitale Jakarta ist ein faszinierend-abschreckendes Ungeheuer, in das sich 23 Millionen Menschen drängen, stundenlange Staus zum Alltag gehören und die Kluft zwischen Arm und Reich so riesig wie die Metropole selbst ist.

Ich bin im Pasar Santa, einen ehemals traditionellem Markt im Amüsierbezirk Blok M. Im Erdgeschoss verkaufen nach wie vor alte Damen Gemüse, Obst und Fisch. Steigt man jedoch die Treffen hinauf, landet man direkt in der Moderne.

Seit sich die Kreativ- und Foodie-Szene dank günstiger Mieten im ersten Stock des Marktes einquartiert hat, gilt Pasar Santa als der Hipster-Hotspot für Teens und Twens. Und das sind viele: Fast die Hälfte der 250 Millionen Indonesier sind unter 25 Jahre alt.

Anders als die zahllosen klimatisierten Shopping Malls – in denen sich üblicherweise ein nicht unbeträchtlicher Teil des sozialen Lebens abspielt – ist Pasar Santa jünger, zügelloser, wundersamer, kurz: indonesischer.

Stickig und eng, laut und wuselig ist diese neue Spielwiese. Aus allen Richtungen plärrt Musik, es wird geschwitzt, es riecht nach Nelkenkippen und Küche. Über 100 Shops, Lokale und Bars verkaufen pechschwarze Hot Dogs, Créme Brulée und gepimpte Nationalgerichte, aber auch Vinyl, Vintage-Mode und Kunst. Man kann die Energie und Leidenschaft der Jungunternehmer förmlich greifen.

Eine davon heißt Maesy. Mit zwei Freunden hat sie den Popup-Buchladen „Post“ (Motto: „Book gatherings & All things creative“) eröffnet. Auf acht Quadratmetern. An manchen Tagen finden hier auch Lesungen, Schreib-Workshops, Konzerte, Flohmärkte und Ausstellungen statt.

„Wir möchten mit unserem Laden vor allem unabhängige Verlage unterstützen“, sagt Maesy, die 31-jährige Sozialarbeiterin, Reise-Bloggerin und Leseratte. „Es wurden so viele großartige Bücher veröffentlicht, sie sind nur viel zu schwer zu finden.“

Im „Post“ gibt es darum eine feine Auswahl von Fiction und Non-Fiction, das es nicht in die großen Buchhandlungen geschafft hat oder bereits vergriffen ist. Viele gesellschaftskritische Titel, aber auch „Leichtes“ – Dr.-Seuss-Comics, Graphic Novels und Kochbücher zum Beispiel. Neue Fundstücke, Maesy nennt sie „Schätze“, werden sofort auf Instagram gepostet.

Da mein Indonesisch nicht einmal zum Smalltalk reicht und ich noch nie ein Buch eines Indonesiers gelesen habe, bitte ich Maesy mir eine Liste von einheimischen Autoren zusammenzustellen. Sie bittet um eine Bedenkpause und kommt kurze Zeit später mit einem Zettel zurück. In klitzekleiner Schönschrift stehen neun Namen darauf… ich kenne keinen einzigen davon.

Zur Verabschiedung wünscht mir Maesy viel Glück: So einfach sei es gar nicht, diese Bücher auf Englisch zu finden.

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Welche Autoren empfiehlt man jemanden, der in Sachen indonesischer Literatur ein Anfänger ist? Maesy vom Popup-Buchladen „Post“ in Jakarta hat eine essentielle Liste erstellt.

  • Pramoedya Ananta Toer (geb. 1925)
  • Goenawan Mohamad (geb. 1941)
  • Leila Chudori (geb. 1962)
  • Ayu Utami (geb. 1968)
  • Trinity (geb. 1973)
  • Dewi Lestari (geb. 1976)
  • Okky Madasari (geb. 1984)
  • Khairani Barokka (geb. 1985)
  • Rain Chudori (geb. 1994)
(to be continued. Part II: "Kein Winter für „Krieg und Frieden“)

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