„Es hat ein bisschen etwas von einer zweiten Kindheit“ (13 Fragen an Wieder-Student LeCroissant)

le-croissant
@moira.berit

Über LeCroissant (36) habe ich schon ein– oder zweimal geschrieben. Seit er in Berlin wohnt, sehen wir uns recht selten, aber das ist fein. Ich erinnere mich noch sehr gern an den Sommer mit den Saumägen und dem Eisteich in den Weinbergen von Edenkoben.

LeC war 32 als er nach fünf Jahren seinen (ersten) Job schmiss, um ein zweites Mal zu studieren. Oder besser gesagt: Um das zu machen, worauf er wirklich Lust hatte. Keine leichte Entscheidung, aber eine, die ich bewundere und die ihm bereits viel Glück – zum Beispiel eine Freundin, eine Auszeichnung und, achja, Freiheit – beschert hat.

LeCroissant über Neid im Job, Neuanfänge, 
konsequenzlosen Unsinn und das Älterwerden.

1) Schon mal Deine Entscheidung, Deinen festen Job zu schmeißen, bereut?
Klar, bereue ich das hin und wieder. Meistens zum Monatsende oder vor den Semesterferien: Wenn jeden Monat wesentlich mehr Kohle eingeht als abgeht, ist das schon sehr beruhigend.

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Le Croissant (@lcrssnt)

2) Was ist entspannter: Dein damaliges Arbeitsleben oder die Uni?
Wahrscheinlich war trotz des Stresses die Arbeit entspannter, weil die Zukunft etwas sicherer schien und man sich nicht mehr – wie ich jetzt gegen Ende des Studiums – eine Zukunft erst ausdenken muss.

3) „Follow your dreams and follow your heart“, right?
An dem altem Gequatsche scheint leider was dran zu sein. Aber Leuten wie mir, die noch nie wirklich Träume hatten, hilft das wenig. Für mich bleibt nur „Find your dreams“ übrig. Aber dieser Weg ist sicher nicht weniger spannend und lebenswert.

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Le Croissant (@lcrssnt)

4) Was studierst Du jetzt und warum?
Produktdesign. Warum kann ich gar nicht so richtig sagen. Mein erstes Studium fing ich wegen „irgendwas mit Medien“ an. Und 2013 kam ein alter Wunsch nach „irgendwas mit Design“ hoch. Hauptsächlich, weil ich beruflich mit Gestaltern zu tun hatte und sie um ihren Job beneidete. Weniger Excel-Listen und mehr Zeichnen und bauen und, na ja, wirklich etwas erschaffen.

5) Was will man als Sohn einer Weinbauerin werden?
„Diplom-Maschinenbau-Ingenieur“. So zumindest steht es als Berufswunsch in meinem Freundebuch aus der ersten Klasse. Ich fand meinen Onkel ziemlich cool – er war Diplom-Ingenieur für Maschinenbau bei einem Automobilzulieferer. Also nur bedingt kreativ… im Produktdesign-Sinn.

Tatsächlich habe ich aber keine Erinnerung daran, jemals einen konkreten Berufswunsch gehabt zu haben. Dass es dann doch zunächst nach diesem frühen Plan lief, bis auf die Fachrichtung, ist wohl eher Zufall gewesen. Oder?

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Le Croissant (@lcrssnt)

6) Was sind Deine drei größten Talente?
Spontan fällt mir da nichts Besonderes ein.

7) Ach?
Ich bin kein kompletter Körper-Klaus und durchaus in der Lage meinen Körper zu kontrollieren. Als angehender Produktdesigner nicht das schlechteste, wenn man auch mal etwas mit den Händen erschaffen muss.

Als konstant Suchender ist es wohl eine weitere nützliche Eigenschaft, sich schnell wieder zu Hause zu fühlen.

Und um die drei voll zu machen: Ich bin ein guter Esser.

8) Was bereitet Dir am neuen bzw. neuerlichen Uni-Leben die größte Freude?
Neues zu lernen und sich ausprobieren zu können. Es hat ein bisschen etwas von einer zweiten Kindheit, weil man meistens konsequenzlos Unsinn angehen kann. In jedem Fall hatte ich noch nie so viel Spaß an der Uni wie hier.

8) Auf welchen „Unsinn“ bist Du besonders stolz?
Zurzeit arbeite ich einer neuen, spielerischen Art von Leuchte. Es geht um die Positionierungsmöglichkeiten einer Deckenleuchte. Ich zeig dir gerne irgendwann mal Bilder von ihr. „Lili“ heißt sie.

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Le Croissant (@lcrssnt)

9) So hieß meine erste Liebe: Sie war toll, aber … speziell.
Mit der hat das nichts zu tun, unter anderen, weil die Leuchte aus vier länglichen Teilen besteht. l-i-l-i

10) Was sagst Du denn Deinen Kommilitonen, warum Du wieder studierst?
Weil ich tierisch Bock drauf hatte. Ich wollte was ändern, und ich wollte was Neues lernen.

11) In welchen Situationen merkst Du, dass Du älter bist als sie?
Tatsächlich merke ich das relativ selten. In der Regel begegnet man sich auf Augenhöhe und denkt gar nicht so viel darüber nach. Zumindest ich nicht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es meinem jüngeren Gegenüber sehr viel häufiger auffällt.

12) Was hast Du an der Uni neu gelernt?
Obwohl ich schon immer auch ein Kopfmensch war, fiel es mir schwer, mit Gestaltern und Künstlern klar zu kommen. Ich merke aber, dass ich im Denken und dadurch auch im Handeln immer freier werde. Der konservative Touch wird weniger. Das verdanke ich auch den Kursen, meinen ProfessorInnen und KommilitonInnen. Aber wahrscheinlich ließe sich das auch einfach „Älterwerden“ nennen.

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Le Croissant (@lcrssnt)

13) Ich werde auch älter. Was passiert?
Man wird einfach offener für neue Ideen und Konzepte.

Kritik am Schulsystem hätte ich vorher zum Beispiel eher abgetan mit: „Ach, mir hat’s auch nicht geschadet.“ Sinngemäß. Heute höre ich mir da auch mal was dazu an, wenn es Thema in ’nem Kurs ist oder informiere mich weiter.

Alternative Lebensmodelle tauchen mehr und mehr auf. Ich ändere nun nicht unbedingt meine Grundhaltung von heute auf morgen, aber ich forme sie quasi. Schwarz und Weiß wird langsam bunt. Na ja, Graustufen gab es bei mir schon immer.

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