Kein leichtes Kunststück (WM-Vorschau, Pt. 1)

Japan wird nicht Weltmeister (日本の奇妙なニヒトチャンピオン)

Zuletzt schaffte es eine Mannschaft vor 56 Jahren den Weltmeistertitel zu verteidigen: Hat das deutsche Team das Zeug zum Wiederholer?

Blättert und surft man durch internatioale Medien wird deutlich: Ja, die Konkurrenz –übliche Verdächtige wie Frankreich, Brasilien, Spanien oder Belgien – ist besser geworden. Die
deutsche Mannschaft gilt aber als der große Favorit. Zehn Siege aus zehn Partien in der WM-Quali. Confed-Cup-Sieger mit einer B-Elf. Eine eingespielte, wunderbar variable Mannschaft, dazu eine gefällige Auslosung. In der Tat: Das klingt wie das Profil eines Top-Favoriten.

Alte Recken
Jogi Löws Kaderkonstrukt ist ein anderes, die Hauptlast tragen aber nach wie vor die Weltmeister von 2014. Gut möglich, dass in der Startelf gegen Mexiko sieben – hoffentlich
nicht zu satte – Helden von Rio zu finden sind: Neuer, Hummels, Boateng, Özil, Müller, Khedira und Kroos. Letztere zwei sind Schlüsselspieler: Toni Kroos, der kühle Taktgeber ist
derzeit Deutschlands erfolgreichster (und auch teuerster) Kicker. Sami Khedira, dynamisch und robust wie eh und je, steht endlich mal voll im Saft.

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Frisches Blut & Hoffnungsträger
Für frisches Blut stehen vor allem der super-vielseitige Joshua Kimmich und der pfeilschnelle Timo Werner – zwei potentielle Breakout-Stars. Als hungrige Backups stehen Youngster wie Niklas Süle, Julian Brandt, Julian Draxler oder Leon Goretzka bereit. Etwas älter sind die kreativen Ilkay Gündogan und Marco Reus, die nach langem Leiden auf ihr WM-Debüt hoffen können. Auch dem alterweisen und so oft gescholtenen Mario Gomez wäre es zu gönnen, mal einen wichtigen Treffer ins Tor zu stolpern. Als verlässliche Größe und guter Typ gilt Jonas Hector: Seit dem Titelgewinn hat der Spätzünder die meisten Länderspiele bestritten, dazu hat der Wahl-Kölner seinen Vertrag beim Absteiger verlängert.

Ein Patzer und der Team-Spirit
Neuland für Fußball-Deutschland ist die ungewohnte Torhüter-Debatte. Hier die übergroße Nr. 1: der nach drei Fußbrüchen fitte (?) Kapitän Manuel Neuer. Dort die geknickte, weil kurzfristig gekappte Nr. 2: der Barca-Keeper ohne Lobby, Marc André-ter Stegen. Unklar ist, welche Folgen es hat, wenn sich Neuer einen oder zwei Patzer leistet… doch im Verbund werden Menschen vom Schlage Mats Hummels, Hector & Co. den oft zitierten Team-Spirit im Stammquartier vor den Toren Moskaus schon beschwören.

Apropos Tore
Wer wird sie schießen? Das war zuletzt und auch bei der EM 2016 schon ein Problem. Die Offensive ist – anders als bei Abwehr und Mittelfeld – noch eine Unbekannte: Zwei echte, aber völlig unterschiedliche „Neuner“ und eine falsche (Thomas Müller), dahinter Özil & Co: Angst und Schrecken verbreitet der Sturm nicht. Zumal ja auch der vielleicht talentierteste 1-gegen-1-Dribbler, immerhin der beste Jungprofi der weltbesten Liga, gar nicht in Russland weilt. „Wenn Leroy Sané nicht gut genug für Deutschlands WM-Kader ist“, schreibt das US-Portal ESPN, „dann gebt ihnen jetzt schon den Pokal.“

Nicht so schnell.

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