„Im Schneidersitz auf der Couch“ (18 Fragen an Beat-Bastler Flügel)

Flügel (37, geboren in Hamburg) ist ein Kollege von mir. Wenn er mich nicht gerade in Sachen Immobilien berät, schickt er mir ab und zu seine neuesten Beats und Entdeckungen vorbei. Ich nicke dann mit dem Kopf.

1) Wie würdest Du Deine Beats beschreiben?
Boombap with a Vengeance! Ich habe sound-technisch einen leichten Drang zum Melancholischen und bewege mich schon eher in diesen Gefällen. Teil meiner Produktionen sind oft bewusst abgehackte Samples, vom einfachen „loopen“ sehe ich stark ab.

2) Was bereitet Dir am Beat-machen Freude?
Mich selbst mit Sounds und Kombinationen zu überraschen, die einen in dem Moment wirklich wegflashen. Und: Es fordert mich geistig, die Zeit verfliegt immer wie im Fluge und am Ende des Tages hat man sogar etwas das man vorzeigen kann. Es ist einfach das Gesamtpaket: Die intensive Suche nach Sounds und Samples, die Möglichkeiten auszuschöpfen den Sample klanglich zu verändern, das Neu-Arrangement nach eigenem Ermessen…..all das macht mir riesigen Spaß.

3) Welchen Beat hättest Du gern produziert?
Schwierig… aber vielleicht wäre „Billie Jean“ von Michael Jackson bzw. Quincy Jones eine feine Sache. Das ist ein zeitloses Meisterwerk. Der Beat ist aus dem Jahr 1979, und trotzdem bewegt er meinen Kopf sobald die Baseline nach dem 4-Bar-Drumsolo einsetzt.

4) …äh, was soll das sein? 
Bei einem 4-Bar Drum-Solo hört man ausschließlich das Schlagzeug für genau vier Takte!

5) Wer hat Dich zu Deinem ersten Beat inspiriert?
Zu Beginn meines Medieninformatik-Studiums sollte ich einen 30-Sekunden-Track mit selbstaufgenommenen Sounds produzieren – da habe ich die Gelegenheit ergriffen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich wenig Ahnung über Programme und wie man eine Digital Audio Workstation zu bedienen hat, aber zum Glück gab mir ein Freund eine intensive Einführung in Apples Logic Pro 9.

6) Wo bastelst Du Deine Beats?
Bis dato habe ich im Schneidersitz auf der Couch meine Beats gemacht. Aber ich richte mir gerade ein kleines Dachstudio ein.

7) Oha, ein Man Cave! In eurer neuen Bude?
Ja genau, ich hab ein kleines Zimmer ganz oben, wo ich anfange mir neben Couch und Zocker-Ecke einen kleinen Producer-Bereich aufzubauen, hoffentlich bald mit Studiotisch, ein paar schönen Speakern und ein bisschen zusätzlicher Hardware. Das ist mein Rückzugsort, mein kleines Reich, da gelten meine Gesetze, haha :-)! Meine Freundin hat aber auch ein kleines Zimmer nur für sich 😉

8) Zeigst Du ihr Deine neuen Beats?
Anfangs als mir Feedback noch sehr wichtig war, habe ich ihr und Freunden feierlich meine neuen Beats präsentiert. Man merkt schnell, dass es Leuten, die Musik „nur“ hören, sich aber nicht „wirklich“ damit beschäftigen, schwer fällt, konstruktiv Kritik zu üben. Über ein „ist gut“ oder „könnte mehr Abwechslung vertragen“ kommt man da nicht hinaus.

9) Wann kommen dir Die besten Ideen?
Abends bzw. nachts am Wochenende, wenn ich mich ein, zwei Stunden eingeschlossen habe und einfach nur nach Samples stöbere……irgendwann trifft es mich dann, und ich fange an kreativ zu werden…. und sobald die Kopfhörer sitzen, bin ich schon abgetaucht.

10) Wo findest Du Samples?
Im Plattenladen. Alte CDs. Youtube eignet sich bestens, um sich zumindest alles einmal anzuhören – ohne es vorab kaufen zu müssen. Wobei man mit Qualitätsverlusten rechnen muss, da die hinterlegten Dateien nur im komprimierten MP3-Format vorliegen.

11) Neulich hast Du mir „Anchovis“ von Apollo Brown & Planet Asia gezeigt. Geiler shit!
Das Album ist irgendwie total strange…. Die haben weitgehend auf Drums verzichtet und so eine Art Vintage-Sound emuliert. Sind alles derbe weiche und geil gesampelte Beats. Fand es am Anfang echt irritierend, aber mittlerweile gefällt das 🙂

(Foto: @RealKutMastaKurt)

12) Wer sind Deine Lieblings-Producer?
Kutmasta Kurt („It’s not so much about the sample, it’s how you flip it“) hat die Gabe immer den passenden Beat und das passende Sample für einen Rapper parat zu haben, egal welchen Style der fährt. Er hat seinen ganz eigenen Stil und gehört zu einem der unterschätzten Producer überhaupt.

Stoupe, the Enemy of Mankind: Produzent von Jedi Mind Tricks. Keiner programmiert Drums so eigensinnig und komplex. Seine Art, Samples zu bearbeiten und neu zu arrangieren ist eine seiner großen Stärken. Er schafft es, aus freundlich wirkenden Samples bedrohliche Beats zu zaubern.

The White Shadow of Norway: Auf den bin ich erst vor ein paar Jahren gestoßen. Er vereint melodische Klänge mit knallenden Drums und hat einfach immer die richtige Baseline am Start.

13) Ich wuchs mit Tupac, Biggie, Tribe, Gangstarr & Co auf. Und Du?
Als ich noch ein kleiner Bubi war liefen auch bei mir die Gangstarr-Scheiben rauf und runter. Die Musik hat nach wie vor Relevanz und ist für mich wie eine Zeitmaschine. Sobald ich einen der Classics höre, schießen mir sofort Gedanken und Eindrücke von früher in den Kopf.

14) Was war Deine erste Rap-Scheibe?
… ich glaube fast das war „Ice Ice Baby“ von Vanilla Ice oder „Check yo Head“ von den Beastie Boys.

15) Haha, sweet! Die Vanilla hatte ich auch als Single. Was hörst Du abseits von Rap?
Ich bin da sehr offen. Ich stöbere gerne durch Filmmusik und höre auch ganz gerne mal Klassik. Heavy Metall kommt gelegentlich auch ganz gut.

16) Wenn Du Dir einen MC aussuchen könntest…
… dann würde ich ganz klar auf Kool Keith zurückgreifen…

17) … Dr. Octagon!
Mein absoluter Lieblings-Rapper. Er würde mit seinen vielen Styles und Aliases gut auf den einen oder anderen Beat von mir passen.

18) Träumst Du davon, dass Du mal von einem Label oder Rapper angeschrieben …?
Ganz ehrlich, das wäre natürlich der Wahnsinn. Fürs Beat-machen bezahlt zu werden und im Idealfall seine Musik auf einer CD oder gar auf einem Konzert zu hören…..das wäre wirklich ein absoluter Traum. Das steht natürlich nicht im Fokus und wäre auch eine utopische Annahme, aber wer weiß…..vielleicht spielt mir ja der Zufall irgendwann in die Karten 😉

 

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